Gründung des Germanischen Nationalmuseums


Projektlaufzeit: 2006-2013/14

Die historisierende Architektur der Eingangshalle des von 1916-1920 nach Entwürfen von German Bestelmeyer errichteten Galeriebaus bildet den Rahmen für eine Darstellung von Gründungsidee und der Anfänge des Germanischen Nationalmuseums, deren Schwerpunkt die Ära Aufseß bildet.

Die Gegenüberstellung einer Visualisierung des zerstörten Freskos „Die Öffnung der Gruft Karls des Großen in Aachen durch Otto III.“ von Wilhelm von Kaulbach mit dem Aufseßschen Druckwerk „System der deutschen Geschichts- und Altertumskunde“ beherrscht den Raum. Das von Aufseß 1859 für die ehemalige Kartäuserkirche in Auftrag gegebene Gemälde gilt als Schlüsselbild seiner patriotischen Museumsidee und führt die Erforschung der vaterländischen Vergangenheit zum „Ruhme der deutschen Nation“ im programmatischen Historienbild vor Augen. Sein als mehrseitiges Druckwerk zur Gliederung der Museumssammlungen angelegtes „System“ sowie die ausgestellte Kurzfassung in Form eines organisch gewachsenen Stammbaums fasst die gleiche Idee in Worte. Die Zusammenschau der künstlerisch-pathetisch ausgeschmückten und der begrifflichen Fassung des Gründungsgedankens weist über die historische Aussage hinaus und steht allgemein für den bis heute gültigen Konflikt zwischen wissenschaftlicher Abstraktion und Visualisierung im Museum.

Hans von Aufseß und das „Generalrepertorium“

In einer einführenden Sequenz werden die Person des Museumsgründers Hans Freiherr von und zu Aufseß, ausgewählte Inkunabeln der Anfangsjahre und zeitgenössische Darstellungen der ersten Ausstellungsräume, seit 1853 im Tiergärtnertor und seit 1857 in der Kartause, präsentiert. Es folgt eine Themeninsel zur Aufseßschen Vision eines „Generalrepertoriums“ und dem Aufbau der frühen Sammlungen. Als Kern des Konzeptes für sein 1852 gegründetes Museum sollte in beidem das „ganze Quellenmaterial für die deutsche Geschichte, Literatur und Kunst, vorläufig von der ältesten Zeit bis zum Jahr 1650“ gesammelt und abrufbar werden. Die ausgestellten Verzeichnisse, Abschriften, Nachbildungen und Originalwerke zeichnen die Struktur dieses Konzepts nach. Original und Kopie standen gleichwertig nebeneinander. Erfasst wurden Archivalien, Werke der Bild-, Wort- und Tonkünste sowie der Alltagskultur. Für Reproduktionen diente frühzeitig auch die Fotografie. Adressat der lehrhaften Sammlung war das deutsche Volk, dem das Studium der vaterländischen Geschichte zu neuem Nationalbewusstsein und nationaler Identität verhelfen sollte. In Umfang, gemeinsamer Anstrengung und Zeitaufwand verglich Aufseß sein „Nationalwerk“ mit dem des Kölner Doms.

Das Germanische Nationalmuseum als „Eigentum der deutschen Nation“

Spenden und Stiftungen aus allen Kreisen der Bevölkerung sollten das Germanische Nationalmuseum zum „Eigenthum der deutschen Nation“ machen. Seit 1859 war dieser Titel programmatisch in goldenen Lettern am Torbau zu lesen. Gezeigt werden die erhaltenen Buchstaben sowie Objekte, die die soziale Palette der Stifter vom Fürsten bis zum Bürger ebenso repräsentieren wie die programmatische Breite der Stiftungen vom Kunstwerk bis zum Alltagsgegenstand. Als erster „Stifter“ tritt Hans von Aufseß in Erscheinung, dessen Privatsammlung den Grundstock des Museums bildete. In besonderem Zusammenhang mit der Gründungsidee stehen national aufgeladene Stiftungen wie der Ladestock des Dichters und Freiheitskämpfers Theodor Körners.

Musealisierung der Revolution: Das Erbe von 1848/49

Nach dem Ende des Deutschen Bundes fiel dem Germanische Nationalmuseum gleichsam die Rolle des Erben und Sachwalters der „großdeutschen“ Lösung zu: Die dinglichen Relikte des ersten deutschen Parlaments in der Frankfurter Paulskirche und der Deutschen Nationalversammlung wurden dem Museum 1867 überwiesen. Die Sequenz zeigt eine Auswahl der als „historische Reliquien“ bezeichneten Objekte, darunter Philipp Veits Germania aus der Paulskirche, einen Sessel aus dem Sitzungssaal der Deutschen Bundesversammlung sowie einige der 1848 zum Aufbau einer deutschen Flotte angelegten Waffenmodelle aus dem Reichsmarineministerium.

Ehemalige Cafeteria

An den Ausstellungsraum schließt eine mit Arkaden geöffnete Loggia an, die 1970 verglast und als erstes Museumscafe eröffnet wurde. Dieser Bereich soll im Rahmen der Neueinrichtung mit modernen Medienstationen zum Informationsforum über das heutige Museum ausgebaut werden. Auf diese Weise schlägt die Neukonzeption den Bogen vom historischen Wissensspeicher des Aufseßschen Generalrepertoriums zum zeitgemäßen Informationsangebot für die heutigen Besucher

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Projektmitarbeiter

Projektleitung

Dr. Ralf Schürer

Dr. Jutta Zander-Seidel

Mitarbeiter

Dr. Martin Baumeister
Dr. Yasmin Doosry
Dr. Daniel Hess
Dr. Frank M. Kammel
Anja Kregeloh M.A.
Dr. Petra Krutisch
Dr. Matthias Nuding
Dr. Ursula Peters
Dr. Markus Zepf

Ausstellungsarchitektur und –gestaltung:

Jürgen Wolff, Dipl.-Ing. (FH), Architekt

Lichtplanung:

Katrin Söncksen, lichttransfer, Berlin


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