Neuerwerbung

Lyonel Feininger, Marine, 1919

01.08. -  15.10.2023
Spotlight in der Dauerausstellung "20. Jahrhundert"

Im Dezember 2022 gelang dem Germanischen Nationalmuseum ein spektakulärer Ankauf: Mit „Marine“ von Lyonel Feininger (1871–1956) konnte mit Mitteln einer privaten Stiftung und der Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung erstmals ein Gemälde dieses bedeutenden Künstlers für das Haus erworben werden. Das Seestück entstand 1919, als Feininger als Meister an das soeben gegründete Bauhaus in Weimar berufen wurde. Es zeigt in der für ihn so typischen Manier drei unterschiedliche Schiffe, deren Wege sich auf dem Meer kreuzen.

Die Präsentation rund um das Gemälde „Marine“ mit einigen Objekten aus der hauseigenen Sammlung widmet sich Feiningers motivischen Vorbildern. Parallel dazu wird eine Auswahl seiner ersten Bauhausmappe präsentiert.

Lyonel Feininger hatte eine ganz besondere Beziehung zu Schiffen, die in Form von Seestücken und Marinen, neben den Architekturbildern, eine Konstante in seinem Œuvre aller Gattungen bilden. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts finden sich Schiffe als autonomes Motiv in Zeichnungen, ab 1908 dann auch in den Gemälden, hier nun bereits mit deutlichen Reflexen auf niederländische Seestücke des 17. Jahrhunderts sowie die deutsche Romantik. Er kannte maritime Motive zur Genüge aus der eigenen Anschauung, denn schon als Kind beobachtete er den Schiffsverkehr auf dem Hudson River in New York, ab 1892 verbrachte er schließlich regelmäßig die Ferien an der Ostsee. Außerdem baute Feininger mit kindlicher Freude schwimmfähige Schiffsmodelle. Seine künstlerische und interessegeprägte, ja fast fanatische Auseinandersetzung mit dem Sujet vertiefte er darüber hinaus mit dem intensiven Studium nautischer Literatur. 1919, im Jahr seiner Berufung an das Staatliche Bauhaus Weimar malte er schließlich die neu erworbene „Marine“ mit drei verschiedenen Schiffstypen, die er während seiner Ostseeurlaube hatte eingehend studieren können.


Je länger man hinsieht, desto mehr Details entdeckt man. Die scharfen Kanten erinnern an japanische Origami. Werden die Menschen in dem Boot sicher ankommen? Es lässt Gedanken an Reisen, Entdeckungen, Aufbruch – gleichzeitig aber auch an Unglück, Untergang und Gefahr aufkommen. Die Höhen und Tiefen der Wellen erinnern an das Leben. Die Farben wirken einerseits zurückhaltend, andererseits auch bedrückend und bedrohlich.

Lyonel Feininger hat viele Seestücke gemalt. Der Horizont ist bei ihm als durchbrochen wahrzunehmen. Das Motiv kann für die Sehnsucht nach der Ferne, aber auch für die Ungewissheit stehen. In seiner Darstellung wird Unruhe und Zersplitterung spürbar. Er konnte rechtzeitig in die USA emigrieren, seine Werke wurden von den Nationalsozialisten als „Entartete Kunst“ verboten und teils vernichtet.

Horizonte erweitern

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