Wundertier Nashorn
Graphik aus drei Jahrhunderten
21.07.2022 - 26.07.2023

Über die Ausstellung
 

Sehr wenige Menschen hatten bis weit in das 19. Jahrhundert hinein Gelegenheit, ein lebendes Nashorn zu sehen. Auch Dürer kannte ein Rhinoceros unicornis nur aus der Beschreibung aus zweiter Hand. Trotzdem schuf er mit seinem Holzschnitt das über 200 Jahre gültige, nahezu ausschließliche Vorbild für Darstellungen des exotischen Tiers.

Das Rhinocerus ist wohl die populärste Druckgraphik Dürers und hat Europas Vorstellung vom Aussehen eines Nashorns entscheidend geprägt. Die Studioausstellung widmet sich auch der Bildgeschichte der nachfolgenden Artgenossen. Rund 40 ausgewählte druckgraphische Blätter des 16. bis 18. Jahrhunderts veranschaulichen eindrucksvoll den Wandel von der phantastischen Kreatur zum realistisch dargestellten Säugetier.

Zu den bedeutendsten Objekten zählen einige Flugblätter, die im Zusammenhang mit der öffentlichen Zurschaustellung des Panzernashorns Clara entstanden. Es tourte als wahre Sensation mit ihrem geschäftstüchtigen Besitzer Mitte des 18. Jahrhunderts durch ganz Europa. Spätestens 1748 war das kolossale Wundertier auch in Nürnberg zu bestaunen. Die in Tierschauen gezeigten Nashörner befriedigten die Neugier und erweiterten das Wissen über diese Spezies – nicht nur von Künstlern und Wissenschaftlern.

GNMkids erforschen Nashörner.....

Die Idee zu der Präsentation entstand dank Jim Monson, der die mit seiner Frau Isolde Monson-Baumgart zusammengetragene „Rhino-Collection“ 2018 dem Germanischen Nationalmuseum zum Geschenk machte. Illustrierte Bücher der Bibliothek und Medaillen des Münzkabinetts erweitern in der Ausstellung den Blick auf die Blätter aus der Sammlung Monson-Baumgart um wissenschafts- und kulturhistorische Aspekte. Nicht zuletzt soll auch auf die gegenwärtige Bedrohung dieser faszinierenden Tierart aufmerksam gemacht werden, die unter anderem auf die seit der Antike kursierenden Mythen über die Heilkraft des Horns zurückzuführen ist.

Kuratorin der Ausstellung: Dr. Claudia Valter

 

Lernen Sie den Sammler persönlich kennen!

Jetzt lesen

Albrecht Dürer,
Rhinocerus/ Das Rhinozeros, 1515,
Holzschnitt

Welches Nashorn hat Dürer hier dargestellt?

Der berühmte Holzschnitt stellt nicht irgendein Nashorn dar, sondern das wohl erste lebende Exemplar in Europa seit der römischen Antike. Das indische Panzernashorn erreichte 1515 auf dem Seeweg den Hafen von Lissabon, als Geschenk für König Manuel I. von Portugal.

Bei welcher Gelegenheit hat Dürer das Nashorn gezeichnet?

Eine heute im British Museum bewahrte Zeichnung des Rhinozeros fertigte Dürer nach der Beschreibung eines Augenzeugen. Sie kam vermutlich zusammen mit der Skizze eines unbekannten Künstlers per Brief nach Nürnberg. Auf der Basis seiner eigenen Zeichnung entstand dann der Holzschnitt.

Warum hat das Tier ein zweites Horn auf dem Rücken?

Auf dem Holzschnitt ist die Haut des Nashorns wie eine mehrteilige Rüstung dargestellt. Das sogenannte Dürer-Hörnchen unterstreicht den wehrhaften Charakter des Tiers, das – laut Text über dem Bild – der Todfeind des Elefanten sei. Zudem zeigt es auf den Titel und das Monogramm des Nürnberger Meisters.

Charles Grignion nach Jan Wandelaar,
Menschliches Skelett mit Nashorn, 1749,
Kupferstich und Radierung

In welchem Zusammenhang ist das Blatt entstanden?

Jan Wandelaar schuf die Darstellung eines menschlichen Skeletts mit grasendem Nashorn als Illustration für den anatomischen Atlas von Bernhard Siegfried Albinus. Eine weitere Tafel zeigt beide Motive in Rückansicht: Die Bewunderung für die fremdartige Gestalt des Nashorns wird offensichtlich.

Was macht ein Nashorn in einem Lehrbuch zur Anatomie des Menschen?

Wandelaar war einer der ersten Künstler, der das aus Indien stammende Nashorn namens Clara 1642 in Leiden sehen und zeichnen konnte. Das Tier war zu der Zeit erst 3 Jahre alt und in Europa eine wirkliche Sensation.

Haben andere Künstler dieses Motiv aufgegriffen?

Die Homaennische Officin in Nürnberg druckte noch im Erscheinungsjahr der 1. Auflage des Albinus-Atlas 1747 ein großformatiges Blatt mit der „abgekupferten“ Rückansicht von Clara. Das Nashorn ist dort im Vergleich zu Dürers Rhinocerus wiedergegeben.

Peter Paul Werner,
Gedenkmedaille auf das Nashorn Clara,
1748, Silber

 

Was ist auf der Medaille dargestellt?

Als Vorlage für die Vorderseite dienten gedruckte Flugblätter mit der Darstellung des Nashorns Clara: Das prominente Tier steht in einer mit Palmen bewachsenen Landschaft unter sonnigem Himmel. Der rückseitige Text berichtet u.a. von seinen Fressgewohnheiten.

Für wen wurde die Medaille produziert?

Medaillen dieser Art ließ der Besitzer Claras, Kapitän Douwe Mout van der Meer, unter anderem in Nürnberg herstellen. Sie wurden als Erinnerungsstücke an Sammler und das Publikum verkauft, das das Nashorn als lebende Attraktion an verschiedenen Orten Europas bewundern konnte.

Aus welchem Material ist die Medaille gefertigt?

Diese Medaille wurde in Silber geprägt. Es gibt aber auch Exemplare in Zinn und Blei, die für weniger kaufkräftige Kunden gedacht waren.