Zehenkammerschuhe

Datierung: um 1910
Standort: Salzgitter AG, Konzern-Archiv / Mannesmann-Archiv, Mülheim a.d.Ruhr

Warum werden diese Schuhe in der Ausstellung gezeigt?

Zum Freideutschen Jugendtag auf dem Hohen Meißner 1913 wurde von dessen Kleidungsausschuss eine Broschüre mit dem Titel „Unsere Kleidung“ veröffentlicht. Der Ratgeber setzte sich vor allem mit zwangloser Kleidung und gesundem Schuhwerk auseinander. Einer der Herausgeber, Christian Schneehagen (1891–1918), beschrieb die „Zehenkammerschuhe“ als beachtenswerten Reformversuch. Im Anhang der Schrift warb ein spezielles „Zehenkammer-Schuhgeschäft“ aus Düsseldorf unter den Jugendlichen um neue Kunden.

Welche Rolle spielte gesundes Schuhwerk in der Jugendbewegung?

Die Missbildungen der Füße durch zu enge Schuhe bildeten in der medizinischen Diskussion des 19. Jahrhunderts ein Hauptthema. Es wurden zunehmend Forderungen nach breiteren Schuhformen laut, die den Zehen ausreichenden Raum für ihre natürliche Stellung beließen. Die wandernde Jugend bevorzugte besonders bequemes Schuhwerk, welches die Füße nicht einengt.

Wer hat die Schuhe hergestellt?

Die sogenannten „Zehenkammerschuhe“ wurden 1907 von dem Unternehmer Max Mannesmann (1857–1915) als Patent angemeldet. Dieser hatte sich vor allem durch die Herstellung nahtloser Stahlrohre einen Namen gemacht. Er war aber auch ein glühender Anhänger der Lebensreformbewegung und in diesem Kontext setzte er sich mit Fragen gesunder Kleidung auseinander. Bei den Zehenkammerschuhen war jeder Zeh durch eine Zwischenwand von dem anderen Zeh getrennt. Dies sollte ein Wundlaufen verhindern und die Fußmuskulatur stärken. Dazu sollten die wollgestrickten „Zehenkammerstrümpfe“ des Kleidungsreformers Gustav Jaeger (1832–1917) getragen werden.