Faszination Nashorn

Dr. Claudia Valter | 02.12.2022


Die Perspektive des Sammlers

Der gebürtige Amerikaner Jim Monson schenkte dem Germanischen Nationalmuseum 2018 seine umfangreiche Sammlung zur Bildgeschichte des Nashorns. Dr. Claudia Valter, stellvertretende Leiterin der Graphischen Sammlung, hat den Bestand bearbeitet. Sie stellt Ihnen den in Südfrankreich lebenden Sammler und Graphiker vor.
 


Claudia Valter: 2018 haben Sie dem GNM eine Sammlung von Druckgraphik zur Bildgeschichte des Nashorns geschenkt. Die erste Frage kann deshalb nur lauten: Wie kam es zu dieser Sammlung und warum ausgerechnet Nashörner?

Jim Monson: Das erste, was man über mich wissen sollte, ist, dass Druckgraphik in meinem Leben eine zentrale Rolle spielt. Verantwortlich dafür zeichnet mein vierjähriges Kunststudium mit den Schwerpunkten Atelierarbeit und Kunstgeschichte.

Die Nashorn-Begeisterung geht auf meine verstorbene Frau zurück. Sie war von klein auf von diesen Tieren fasziniert. Als ich sie 1970 kennenlernte, plante sie ein Fotobuch über Nashörner in verschiedenen Zoos. Zuerst war es nur ein Spaß, Postkarten oder alte Drucke vom Flohmarkt zu sammeln. Die Suche weitete sich dann auf Galerien in großen Städten Europas und den USA aus, wohin mich meine zahlreichen Reisen führten.

Die Schenkung umfasst im Kern rund 450 druckgraphische Blätter mit Rhinozeros-Darstellungen vom 16. bis 19. Jahrhundert. Welche drei Stücke waren besonders schwierig zu finden oder sind aus anderen Gründen erwähnenswert?

Wer sucht, wird in der Regel auch fündig, dennoch ist es äußerst wichtig zu wissen, wonach man sucht. Die Website des Rhino Resource Center mit ihren fast sechstausend Nashornbildern stellte im Laufe der Zeit eine große Hilfe dar. Natürlich spielte auch Glück eine Rolle. Ein früh erworbenes, seltenes Blatt war die John Oliver-Radierung des ersten Londoner Nashorns von 1684. Als ich mit einem Londoner Händler korrespondierte, fragte ich ihn: „Gibt es nicht ein Buch, in dem Antiquariate und Galerien mit ihren Spezialgebieten aufgeführt sind?“ Er bejahte dies und verkaufte mir sein Exemplar. Durch sorgfältige Recherchen mithilfe des Buchs fand ich das besagte Oliver-Blatt und viele andere. Der Druck war teuer, aber wahrscheinlich hätte der Verkäufer noch mehr dafür erzielen können.

Das zweite seltene Stück ist der Druck der Homaennischen Offizin von 1747. Er hing fast ein Jahr lang im Schaufenster einer Frankfurter Galerie, bevor wir den Mut aufbrachten, ihn zu kaufen. Ich erinnere mich, dass er damals 1500 DM kostete, was für unser Budget sehr viel war. Später gab es in der Galerie noch einen anderen wichtigen frühen Schabkunstdruck, bei dem ich immer noch bedauere, ihn nicht gekauft zu haben.

An dritter Stelle steht die Ridinger-Radierung mit Adam und Eva im Paradies. Eine unkolorierte Fassung des Drucks ist nicht besonders selten, aber dieses Blatt hat eine historische Kolorierung. Es war Teil einer bedeutenden Madrider Sammlung, aus der ich die zwanzig besten Stücke gekauft habe: Nach mehreren Besuchen und über sechs Jahre andauernden Preisverhandlungen.

Mit welchem Objekt hat Ihre Sammelleidenschaft begonnen? Und gibt es ein Lieblingsstück, von dem Sie sich nur ungern getrennt haben?

Zunächst einmal verstand ich mich selbst nie als Sammler, da das Geld oft ein Problem war, trotz aller vorhandenen Leidenschaft. Mein erster großer Kauf gelang 1968, im dritten Jahr meines Studiums. Damals gab es einige reisende Graphikverkäufer, die die großen Institutionen besuchten. Ich verfiel einem wunderbaren Abzug von Dürers Holzschnitt Tod der Jungfrau, den ich in sechs Raten bezahlt und erworben habe. Mit dem Händler pflegte ich dann eine lange Freundschaft und konnte ihn, als ich in Paris lebte, auf mehrere Auktionen in Europa begleiten. Ich habe dieses Bild immer noch an der Wand hängen. Für mich geht es beim Sammeln nicht so sehr darum, etwas zu besitzen, sondern mehr um die „Jagd“ und vor allem darum, etwas Besonderes zu finden.

Im Hinblick auf die Sammlung habe ich nicht im Geringsten gezögert, sie in ein gutes, sicheres Zuhause zu geben. Es lag für mich auf der Hand, dass sie am besten an dem Ort untergebracht werden sollte, wo alles 1515 mit Dürers Flugblatt zu diesem exotischen Tier begann, das seit der römischen Antike in Europa nicht mehr gesehen worden war.

 

Was ist das Besondere am Nashorn?

GNMkids forschen.....

Die meisten Blätter zeigen Darstellungen des indischen Panzernashorns. Mögen Sie diese Spezies besonders?

Das indische Panzernashorn (rhinoceros unicornis) war über Jahrhunderte die einzige in Europa bekannte Art und wurde sehr häufig dargestellt. Die Verbindung mit dem mythologischen Einhorn als weiterem Tier mit einem Horn weckte meine Neugier. Im 18. Jahrhundert wurde das afrikanische Nashorn mit zwei Hörnern entdeckt und dann auch dokumentiert. Am interessantesten finde ich jedoch die seltenste und am wenigsten bekannte Art, das „einhörnige“ Java-Nashorn (rhinoceros sondaicus), welches erst im 19. Jahrhundert entdeckt wurde.

Wenn Geld und Verfügbarkeit keine Rolle spielen würden: Welches Nashorn würden Sie Ihrer Sammlung gerne noch hinzufügen?

Ich bin dankbar, dass ich meine finanziellen Grenzen immer gekannt habe, vielleicht weil mir stets die Ursache von Rembrandts Bankrott vor Augen stand. Ich hatte mehrere Gelegenheiten, den Dürer-Holzschnitt Rhinocerus zu kaufen; allerdings nur einmal als frühen Druck mit Text und dieser war in einem schlechten Zustand. Der Kauf hätte sich lohnen können, wenn ich in die Restaurierung des Blattes investiert hätte, aber letztendlich habe ich zu lange gewartet. Seltene Drucke sind nicht immer teuer. Kürzlich erfuhr ich, dass ein Exemplar von Alessandro Longhis Clara aus dem Jahr 1751 letztes Jahr in einem obskuren Auktionshaus für weniger als zweihundert Euro verkauft wurde.

Zu der Sammlung gehören auch zwei Holzschnitte, die sie selbst angefertigt haben. Wie kam es dazu?

Ich habe 2007 an einem Buch über Nashörner in der Kunst gearbeitet. Zur gleichen Zeit erholte ich mich von einer Operation und wollte eine Graphik machen, die nicht zu herausfordernd war. Mein Wunsch war nachzuspüren, wie sich Dürer oder vielleicht auch der Formschneider Hieronymus Andreae (gest. 1556) fühlten, als sie den Druckstock für das Rhinocerus ausführten.

Mein erster Versuch war die Variante in Rot. Die Herstellung eines zusätzlichen Tonblocks für die Farbe orientierte sich an der Chiaroscuro-Version von Willem Janzoon Blaeu von 1620. Nachdem ich mit der ersten Fassung Sicherheit gewonnen hatte, unternahm ich einen zweiten Versuch. Dies war die grüne Version in entgegengesetzter Ausrichtung. Ich habe diese beiden Drucke nie gezeigt, da sie nichts mit dem Rest meiner Arbeit zu tun haben. Einen Eindruck von meiner sechsundfünfzigjährigen Karriere als Graphiker vermittelt meine Website www.jim-monson.com.

Lieber Jim, vielen Dank für das interessante Gespräch. Das Germanische Nationalmuseum freut sich sehr über die Schenkung der druckgraphischen Dickhäuter!

Übersetzung: Dr. Claudia Valter


Ausstellung Wundertier Nashorn

Entdecken Sie die Originale im Germanischen Nationalmuseum
bis 26.07.2023.

 

 

 

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Kommentare

04.06.2023 | Esther Buck

Esther, I thought that you and Niko might find this interesting before your trip to Nürnberg. Best from Jim


08.02.2023 | Esther

Gott hat ihn aus Ägypten geführt; seine Freudigkeit ist w i e eines Einhorns. Er wird die Heiden, seine Verfolger, fressen und ihre Gebeine zermalmen und mit seinen Pfeilen zerschmettern. 4. Mose 24:8 DELUT https://bible.com/de/bible/51/num.24.8.DELUT


08.02.2023 | Esther

Gott hat ihn aus Ägypten geführt; seine Freudigkeit ist w i e eines Einhorns. Er wird die Heiden, seine Verfolger, fressen und ihre Gebeine zermalmen und mit seinen Pfeilen zerschmettern. 4. Mose 24:8 DELUT https://bible.com/de/bible/51/num.24.8.DELUT


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