Andere Altäre zeigen auch, wie Pilatus seine Hände in Unschuld wäscht, ferner die Vorführung Christi vor der aufgebrachten Menge, die seine Kreuzigung fordert. In Bachs Passionen gipfelt die eindringliche Vertonung der Qualen Christi im Choral: „Oh Haupt voll Blut und Wunden“.
Wie unmittelbar die Brutalität des Passionsgeschehens auf den mittelalterlichen Menschen wirkte, verdeutlicht eine kleine Andachtstafel aus der Zeit um 1400/20. Es ist ein frühes Beispiel einer besonders dramatischen Schilderung der Passion, bei der viel Blut fließt. Die vielen Wunden, mit denen Christus übersät ist, verdeutlichen spätmittelalterlichen Passionstexten zufolge die zahllosen Sünden der Menschheit; die Nacktheit ist ein Zeichen der besonderen Blöße und Erniedrigung. Erschütternd ist auch das Motiv der Steine werfenden Kinder am unteren Bildrand; selbst sie werden für Gewalttaten gegen Christus instrumentalisiert. Darüber hinaus ist die Tafel ein einzigartiges Zeugnis der spätmittelalterlichen Passionsfrömmigkeit: Zur besseren Einprägung und Vergegenwärtigung sind die Szenen anschaulich geschildert. Der Betrachter konnte so im kontemplativen Mitleiden die Nachfolge Christi unmittelbarer und authentischer nachvollziehen. Die emotionale Anteilnahme ging so weit, dass er die Gesichter jener Schergen zerkratzte, die Christus in besonderer Weise zusetzen. Die Bilder taten offenbar ihre beabsichtigte Wirkung!
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