Mittelalterliche Kampfkunst
Embodied Interpretathon – Crowdbasierte Interpretation von mittelalterlichen Bewegungsbeschreibungen.
Laufzeit: 01.06.–31.12.2025
Förderung: NFDI4Memory Incubator Funds 2025
In Kooperation
mit dem DFG-Projekt Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts, dem Deutschen Dachverband für Historisches Fechten e.V. (DDHF) und
der Datenbank Fightbooks
Projektleitung: Dr. Eric Burkart E-Mail
Fachprosa des Mittelalters
Handschriften zur Kampfkunst zählen zu den ältesten deutschsprachigen Texten, die detaillierte Informationen zur Ausführung komplexer Körperbewegungen enthalten.
Das Germanische Nationalmuseum besitzt mit der auf den Anfang des 15. Jahrhunderts zu datierenden Handschrift 3227a die früheste Abschrift der Lehre des einflussreichen Meisters Johannes Liechtenauer, in welcher konkrete Fechttechniken für das zweihändig geführte Schwert sowie für den Kampf im Harnisch zu Fuß und zu Ross beschrieben werden.
Praktisches Bewegungswissen
Bei der geschichtswissenschaftlichen Erforschung historischer Texte zur Kampfkunst stoßen Historiker:innen und Germanist:innen oft an Grenzen: Es fällt schwer, sich die in den Quellen beschriebenen praktischen Fertigkeiten und Körpertechniken konkret vorzustellen. Ohne ein tiefes Verständnis für die Eigenschaften mittelalterlicher Waffen und Ausrüstung sowie ohne eigene Erfahrung im Umgang mit ihnen bleiben viele zentrale Aspekte der Texte unzugänglich oder nur schwer nachvollziehbar.
Genau hier setzt unser Projekt an: Ausgehend von der textkritischen Analyse der Handschrift 3227a binden wir moderne Kampfkünstler:innen als Expert:innen für die praktische Umsetzung ein. Im Rahmen eines Citizen Science-Projekts bringen sie ihre Erfahrungen ein und helfen dabei, die historischen Beschreibungen lebendig und greifbar zu machen. So entsteht ein interdisziplinärer Dialog, der neue Zugänge zu den Quellen eröffnet und unser Verständnis mittelalterlicher Kampfkunst vertieft.
Embodied Research
Basierend auf der geschichtswissenschaftlichen Aufbereitung einer Textstelle aus der Handschrift 3227a werden Sportler:innen, die als Mitglieder des Deutschen Dachverbandes für Historisches Fechten e.V. mit der historisch informierten Interpretation mittelalterlicher Schwertkampftechniken vertraut sind, um die Ausarbeitung einer kritisch begründeten und für Außenstehende nachvollziehbaren Bewegungshypothese gebeten.
Diese modernen Interpretationen einer mittelalterlichen Bewegungsbeschreibung werden dann in individuellen Videobeiträgen durch die Fechter:innen dokumentiert und anhand eines strukturierten Fragebogens mit Erläuterungen versehen, um im Anschluss online publiziert und in eine Datenbank zur Erschließung der vormodernen Kampfbücher eingepflegt zu werden.
Zielsetzung
Das Projekt versteht sich als Proof of Concept und verfolgt das Ziel, eine digitale Methode zu entwickeln, mit der das Wissen und die praktische Erfahrung kompetenter Citizen Scholars systematisch in die geschichtswissenschaftliche Forschung eingebunden werden können. Das gewählte Format orientiert sich am Prinzip des Crowdsourcing und bietet ein Verfahren, das sich auch auf andere Quellengattungen, Themenbereiche und historische Fragestellungen rund um praktisches Wissen übertragen lässt.