Wandfliese aus St. Emmeram in Regensburg

Datierung: um 1180/85
Material: Tontafel
Inventarnummer: A835

Wo hingen die Tafeln?

Die reich dekorierten Tontafeln aus der Zeit um 1175 sind vermutlich die Reste einer Wandverkleidung aus dem Kreuzgang der ehemaligen Benediktinerabtei St. Emmeram in Regensburg. Die große ornamentale Schönheit, die ausgewogenen Proportionen und die hervorragende Qualität der technischen Ausführung der Tonfliesen belegen ein Umfeld von hohem künstlerischem Niveau. Dieses bot die Königsstadt Regensburg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in besonderem Maße.

Warum sind die Tafeln mit Buchmalereien vergleichbar?

Seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts blühte in Regensburg die Handschriftenproduktion in den Schreibwerkstätten der beiden Benediktinerklöster St. Emmeram und St. Georg in Prüfening. So sind zentrale Motive und die rahmende Ornamente der Tontafeln aus Werken der Regensburger Buchmalerei aus der Zeit um 1170/80 übernommen. Besonders hervorzuheben ist hier der Nekrolog aus dem Regensburger Stift Obermünster aus der Zeit um 1180. Die graphischen Rahmenornamente lassen sich aus Ornamentleisten einer Handschriftengruppe ableiten, die um 1160 im Skriptorium in Prüfening geschrieben und illuminiert wurde, jedoch aus der Klosterbibliothek von St. Emmeram stammt.

Welche Wirkung entfalteten die Fliesen?

Die Wirkung der flächig montierten Tontafeln entspricht derjenigen von großen textilen Wandbehängen des frühen und hohen Mittelalters, wobei die Wirkung der Fliesen durch die plastische Oberflächenstruktur gegenüber den flach gewebten Textilien zusätzlich gesteigert wurde. Die symmetrisch-ornamentalen Motive der Tontafeln stehen den im Rapport gewebten Mustern byzantinischer bzw. persischer Gewebe aus dem 8. bis 12. Jahrhundert nahe. Für diese Seiden wurden bevorzugt Tiergestalten (Adler, Greifen, Löwen, Elefanten) in Medaillons oder in Reihe im Rapport angeordnet, entweder in stark kontrastierenden Farben oder monochrom.